Laborgebäude Merck KGaA

Energieverlustmessung an Rauchabzügen von Aufzugschächten

Ort:                      Merck KGaA, Geb. D50, Frankfurter Str. 250, Darmstadt

Datum:              03.05.-04.05.2024

1. Anlass

Aufzugschächte verfügen über gesetzlich vorgeschriebene Öffnungen in Freie, welche sich im oberen Bereich des Aufzugschachtes befindet. Die Öffnungen ermöglichen im Brandfall dem Abzug von Brandgasen (Rauch), dienen aber parallel auch der Lüftung des Aufzugschachtes. Gesetzliche und normative Regelungen hierzu finden sich in der Baugesetzgebung (Landesbauordnung) sowie in der europäischen Aufzugrichtlinie und in den harmonisierten Normen der Reihe EN81.

Durch thermische Effekte entweicht eine nicht unwesentliche Menge an Wärmeenergie (Heizenergie) durch die Permanentöffnungen.

 

Aufzugschächte in neuen Gebäuden müssen seit Inkrafttreten des GEG (Gebäudeenergiegesetz) mit Systemen zur kontrollierten Entrauchung und Belüftung von Aufzugschächten (sog. Aufzugschachtentrauchungen) ausgerüstet sein. Anders sieht es im vorhandenen Baubestand aus: Hier gilt grundsätzlich Bestandsschutz, d. h. derzeit wäre die Ausrüstung von Aufzugschächten mit derartigen Systemen eine freiwillige Angelegenheit. Allerdings kann es im Einzelfall aus energetischen und kostenbilanziellen Ansätzen her sehr sinnvoll sein, derartige Technik nachzurüsten.

Bei dem Gebäude „D50“ auf dem Merck‐Werksgelände handelt es sich um ein beheiztes, achtgeschossiges Labor‐ und Bürogebäude mit ca. 15.600 m2 Bruttogeschossfläche.

Der Aufzugschacht der in dem Gebäude betriebene ist derzeit nicht mit einer kontrollierten Rauchableitung‐ bzw. Lüftungseinrichtung versehen, weshalb durch die permanent offene Öffnung im Schacht bzw. Triebwerksraum beheizte Raumluft entweicht.

Die Messungen sollen Aufschluss darüber geben, ob eine Nachrüstung von Schachtentrauchungen wirtschaftlich sinnvoll durchführbar ist.

2. Messaufbau

Im Falle der berichtsgegenständlichen Messungen handelt es sich um einen Aufzugsschacht mit einer Zweiergruppe Aufzüge im Gebäude D50 der Firma Merck in Darmstadt, an deren Rauchabzugsöffnung temporär ein Messgerät installiert wurde, um eine Indikation der Größenordnung des jährlichen Energieverlustes zu ermitteln.

Hierzu wurde ein Anemometer (TSI VelociCalc 5725) in der Rauchabzugsöffnung installiert. Das TSI VelociCalc 5725 zeichnet die Strömungsgeschwindigkeit und die Temperatur der ausströmenden Luft auf. Mit einem zusätzlich installierten Temperaturlogger (DK320), welcher außerhalb des Gebäudes installiert wurde, wurde die Außentemperatur über den Messzeitraum geloggt.

Aus der Temperaturdifferenz und dem Volumenstrom ergibt sich rechnerisch die Verlustenergie:

Verlustenergie pro Jahr (kWh) = Luftverlustvolumen pro Jahr (m3) x spezifische Wärmekapazität Luft 0,00033 (kWh/m3 K)

 

Bemerkung:

Wärmeenergieverluste treten dann auf, wenn die Außentemperatur niedriger als die Innentemperatur des Gebäudes ist. Die Messungen haben zu fortgeschrittener Jahreszeit stattgefunden, in Teilen des Messintervalls lagen die Außentemperaturen sogar über den Innentemperaturen des Gebäudes. Bedeutungsvoll sind deshalb insbesondere die im Messdiagramm gekennzeichneten Messpunkte, in denen die Außentemperatur nahezu der Jahresmitteltemperatur von Darmstadt (10,6 °C Quelle: https://de.climate‐ data.org/europa/deutschland/hessen/darmstadt‐2129/?utm_content=cmp‐true) entsprach.

Die im Gebäude betriebenen Aufzugsanlagen weisen folgende Anlagedaten auf:

Hersteller:              Thoma Aufzüge

Fabriknr.:                PL195 Fabrik‐Nr. 3892 + PL196 Fabrik‐Nr. 3893 in gemeinsamen Schacht Tragkraft:                3000kg

Schachthöhe:        36,97m Schachttiefe:         3,23m Schachtbreite:       4,94m Haltestellen:          8/7

Türtyp:                     Meiller, 4‐blättrig zentral öffnend

Türbreite:               1400mm

Türhöhe:                 2500mm

Anzahl Türen:    28 (jeweils in 7 Haltestellen Durchladung

Messung Personenaufzüge: 2‐er Gruppe in gemeinsamem Schacht (Fabrik‐Nr. 3892+3893)

Ø Volumenstrom                                               3.151,9                  m3/h

Ø Innentemperatur                                           19,80                     °C

Ø Außentemperatur                                         12,39                     °C

Ø Verlustleistung                                               7,92                        kW (12,39°C Ø Außentemp.)

Abgeleitet auf Jahresmittelwert der Außentemperatur (10,60°C)

Ø Verlustleistung                                                   10,15                     kWh

Abgeleiteter Jahresenergieverlust              ca. 80.000 bis 90.000 kWh

In Abhängigkeit des Heizenergie‐Emissionsfaktors besteht die Möglichkeit die im Gebäudebetrieb entstehenden CO2‐Emissionen um ca. 15t/Jahr zu reduzieren.

Fazit

Die Messung wurde nur über einen kurzen Zeitraum durchgeführt, allerdings unter repräsentativen Umgebungsbedingungen. Der Aufzug befand sich während der Messung im Normalbetrieb, was sehr wichtig ist. Zudem lag die Außentemperatur in einem Bereich, welcher eine sinnvolle Interpretation der Messergebnisse zulässt.

Selbstverständlich sind die Ergebnisse dieser Messung nicht ohne weiteres auf jede andere Aufzugsanlage übertragbar.

Für kaufmännische Überlegungen kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der durchschnittliche Heizenergieverlust an einem unter vergleichbaren Umgebungsbedingungen betriebenen Aufzugschacht zwischen 50.000 und 80.000 kWh / Jahr beträgt.

Bei einem Heizenergiepreis von netto 0,07 EUR / KWh beträgt die Kosteneinsparung pro Aufzugschacht zwischen netto 3.500 und 5.600 EUR/Jahr.

Je nach CO2 Emissionsfaktor bedeutet dieses eine CO2 Einsparung von ca. 10 ‐16 t CO2 / Jahr/ Aufzugschacht.