Das Gebäudeenergiegesetz – kurz GEG – bildet seit November 2020 das zentrale Regelwerk für Energieeffizienz im deutschen Gebäudesektor. Es ist mehr als nur ein rechtlicher Rahmen: Es beeinflusst konkret, wie Gebäude geplant, gebaut, modernisiert und betrieben werden. Besonders die technische Gebäudeausrüstung (TGA) – also Heizung, Lüftung, Dämmung, Stromversorgung und Steuerungstechnik – steht im Fokus der Anforderungen.
Diese ausführliche Analyse zeigt, was das GEG ist, wie es sich aus früheren Gesetzen entwickelt hat, und welche praktischen Auswirkungen es auf die Gebäudetechnik hat – für Planer, Architekten, Energieberater und Betreiber.
Was ist das GEG?
Das Gebäudeenergiegesetz wurde eingeführt, um drei frühere Vorschriften zu ersetzen und zu vereinheitlichen:
- EnEG – Energieeinspargesetz
- EnEV – Energieeinsparverordnung
- EEWärmeG – Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz
Ziel: ein einheitlicher, transparenter und praxisnaher Rechtsrahmen, um den Energieverbrauch von Gebäuden zu senken und den Einsatz erneuerbarer Energien zu fördern.
Gültig seit: 1. November 2020
Aktualisiert: 2023 / 2024 mit neuen Anforderungen an den Neubau (65 %-EE-Pflicht)
Geltungsbereich: Wohn- und Nichtwohngebäude – Neubau, Umbau, Modernisierung und Betrieb
Ziele und Grundprinzipien
Das GEG verfolgt mehrere zentrale Ziele:
- Klimaschutz und Energieeffizienz im Gebäudesektor
- Förderung erneuerbarer Energien für Wärme und Strom
- Reduktion von CO₂-Emissionen
- Vereinfachung von Planung und Nachweisführung
Dazu setzt das GEG auf technologieoffene Lösungen, klare Anforderungen an Primärenergiebedarf, Wärmeschutz, Nutzung von PV, Wärmepumpen und alternative Heizsysteme.
Wichtige Inhalte des GEG im Überblick
1. Primärenergiebedarf und Effizienzstandards
Das GEG regelt, wie viel Primärenergie ein Gebäude verbrauchen darf – also die Energie, die inklusive Verluste von der Quelle bis zum Gebäude anfällt. Neubauten müssen bestimmte Grenzwerte einhalten (z. B. Effizienzhaus 55 oder 40).
Für Bestandsgebäude gelten Anforderungen bei Sanierungen oder wesentlichen Änderungen.
2. Nutzung erneuerbarer Energien (65 %-Pflicht ab 2024)
- Seit 2024 müssen neue Heizsysteme mindestens 65 % erneuerbare Energien nutzen.
- Zulässige Systeme: Wärmepumpen, Solarthermie, PV mit Heizstab/Wärmepumpe, Holz-/Pelletheizung, Fernwärme.
Diese Regel betrifft nicht nur Neubauten, sondern auch den Austausch alter Heizsysteme – besonders relevant für die Gebäudetechnik.
3. Anforderungen an technische Anlagen
Heiztechnik:
- Keine neuen Ölheizungen ab 2026 (Ausnahmen möglich)
- Pflicht zum hydraulischen Abgleich
- Effizienzvorgaben für Kessel, Regelungen, Verteilnetze
Lüftung:
- Bei hoher Dichtheit: Pflicht zur Erstellung eines Lüftungskonzepts
- Einsatz von kontrollierter Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung wird empfohlen
Warmwasser:
- Zentrale oder dezentrale Systeme müssen nach GEG bilanziert werden
- Warmwasserbereitung kann in PV-/Solarthermie-Nachweis integriert werden
Gebäudeautomation:
- Nutzung intelligenter Steuerungstechnik wird indirekt gefördert, da sie Energieverbrauch senkt
Photovoltaik und Stromversorgung:
- Keine direkte PV-Pflicht im Bundesgesetz, aber wichtige Rolle im Primärenergieausgleich
- Einige Bundesländer haben PV-Pflichten für Neubauten eingeführt
4. Wärmeschutz und Gebäudehülle
Das GEG legt klare U-Werte für Bauteile fest:
- Dach, Wand, Fenster, Bodenplatte – alles muss bestimmten Mindestwärmeschutz erfüllen
- Bei Sanierungen gelten Nachrüstpflichten (z. B. Dämmung zugänglicher Dachböden)
Was hat sich geändert im Vergleich zu EnEV & Co.?
Bereich | Vor GEG (EnEV, EEWärmeG) | GEG (ab 2020 / 2023 / 2024) |
---|---|---|
Rechtliche Struktur | Drei getrennte Regelwerke | Einheitliches Gesetz |
EE-Pflicht im Neubau | 15 % Solarthermie (EEWärmeG) | 65 % EE in Heizsystemen verpflichtend |
Nachweisverfahren | Unterschiedliche Formate | Einheitliches Bilanzierungsverfahren |
Heizsysteme | Fossile Systeme erlaubt | Fossil nur mit EE-Anteil oder Ausnahmen |
Digitaler Nachweis | Teilweise möglich | Volldigital mit BIM/Software zunehmend üblich |
Praktische Auswirkungen auf die Gebäudetechnik
Heiztechnik
- Wärmepumpen gewinnen massiv an Bedeutung – auch in Bestandsgebäuden
- Fossile Heizungen (Gas/Öl) nur noch als Hybridsystem mit EE-Anteil
- Höhere Anforderungen an Steuerung, Dämmung von Rohrleitungen, Heizkreisoptimierung
Lüftung & Raumklima
- Notwendigkeit zur Lüftungsplanung bei Neubauten und Sanierungen
- Wärmerückgewinnung wird in GEG-Bilanzierung positiv berücksichtigt
- Kombinierbar mit PV und smarter Gebäudeautomation zur CO₂-Reduktion
Photovoltaik und Stromkonzepte
- PV-Anlagen sind oft entscheidend, um Primärenergiegrenze einzuhalten
- Kombination mit Wärmepumpe und Batteriespeicher erhöht Autarkie
- Integration in GEG-Nachweis möglich (z. B. Eigenstromnutzung zur Warmwasserbereitung)
Dämmung und Gebäudehülle
- Gebäudehülle beeinflusst direkt den Heizbedarf – gute Dämmung reduziert Technikbedarf
- Verbesserte U-Werte sparen nicht nur Energie, sondern ermöglichen kleinere, effizientere TGA
Auswirkungen für Fachplaner und Betreiber
Architekten und TGA-Ingenieure
- Müssen GEG-konforme Konzepte frühzeitig mitdenken
- Notwendigkeit zur Koordination von Architektur, Technik und Energiebilanzierung
- Einsatz digitaler Tools (z. B. BIM) zur Simulation und Optimierung
Energieberater
- GEG bildet Grundlage für Energieausweise, Sanierungsfahrpläne, KfW-Förderung
- Integration von EE-Systemen, PV und Gebäudeautomation in die Gesamtbilanz
- Pflicht zur Dokumentation und rechtssicheren Nachweisführung
Facility Manager
- Verantwortung für den ordnungsgemäßen Betrieb nach GEG
- Monitoring, Wartung und Instandhaltung müssen dokumentiert werden
- Potenzial zur Effizienzsteigerung durch Energiemanagementsysteme und IoT
Praxisbeispiele
Beispiel 1: Neubau Mehrfamilienhaus
Ein Bauträger plant ein Effizienzhaus 40 mit Wärmepumpe, PV und zentraler Lüftung mit Wärmerückgewinnung. Die Gebäudehülle wird hochwertig gedämmt. Durch das GEG wird klar, dass mindestens 65 % des Wärmebedarfs durch EE gedeckt werden müssen – was durch Wärmepumpe und Solarstrom realisiert wird. Die PV-Anlage versorgt zusätzlich Haushaltsstrom, was die Primärenergie weiter reduziert.
Beispiel 2: Sanierung eines Bürogebäudes
Ein 80er-Jahre-Büro wird modernisiert. Die alte Gaskesselheizung wird durch eine Hybridanlage ersetzt, Fenster durch 3-fach-Verglasung, Dächer nachgedämmt. Ein Lüftungskonzept wird erstellt, PV auf dem Dach installiert. Die GEG-Nachweise fließen in den Förderantrag (BEG EM), der Energieberater erstellt die Dokumentation digital. Ergebnis: CO₂-Reduktion, Förderzusage und Wertsteigerung der Immobilie.
Das GEG verändert die deutsche Bau- und Sanierungspraxis grundlegend. Für alle Beteiligten – Planer, Berater, Betreiber – ergeben sich neue Herausforderungen, aber auch große Chancen. Wer frühzeitig integriert plant, digitale Tools nutzt und erneuerbare Energien kombiniert, kann nicht nur die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, sondern wirtschaftlich und nachhaltig bauen.
Technische Gebäudeausrüstung steht im Zentrum dieser Entwicklung: Sie muss intelligenter, effizienter und besser vernetzt werden. Das GEG liefert den Rahmen – die Gebäudetechnik liefert die Lösung.
Quellenangaben:
- Gebäudeenergiegesetz (GEG 2020, GEG 2023, GEG 2024) – Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), www.gesetze-im-internet.de
- EnEV, EnEG und EEWärmeG (historisch) – Archiv des Bundesanzeigers und der dena (Deutsche Energie-Agentur)
- DIN V 18599 – Energetische Bewertung von Gebäuden – Bilanzierungsgrundlage für den GEG-Nachweis
- VDI 3807 & 2067 – Grundlagen zur energetischen Bewertung technischer Anlagen in Gebäuden
- dena Marktmonitor 2023 – Daten zur Energieeffizienz und Sanierungsquote im Gebäudesektor
- BAFA & KfW – Informationen zu Förderprogrammen im Rahmen des GEG (z. B. BEG EM, Effizienzhaus-Standards)
- BBSR (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung) – Publikationen zur Umsetzung des GEG in der Praxis
- Zukunft Altbau / KEA-BW – Fachinformationen zur energetischen Sanierung und Einhaltung GEG im Bestand
- Bundesverband der Energieberater (GIH) – Fachstellungnahmen und Hinweise zur praktischen Anwendung des GEG
- BIM & GEG Whitepaper – Praxisleitfäden zur GEG-konformen Planung mit digitalen Werkzeugen