Entrauchungssysteme haben die Aufgabe, im Brandfall eine raucharme Schicht über dem Boden sicherzustellen und dadurch ausreichende Sicht für die Eigenrettung der Gebäudenutzer sowie für die Löscharbeiten der Feuerwehr zu gewährleisten. Ob natürliche Rauchabzugsanlagen (NRA) oder maschinelle Rauchabzugsanlagen (MRA) – diese Systeme sind ein essenzieller Bestandteil des vorbeugenden Brandschutzes. Damit sie im Ernstfall zuverlässig funktionieren, müssen sie nicht nur fachgerecht geplant und installiert, sondern vor allem vorschriftsmäßig betrieben und regelmäßig gewartet werden. Für Eigentümer und Betreiber von Gebäuden bedeutet dies, bestimmte Pflichten zu erfüllen, um Sicherheit und Rechtskonformität sicherzustellen.
Natürliche und maschinelle Entrauchungssysteme
Entrauchungsanlagen lassen sich in zwei Hauptkategorien unterteilen:
- Natürliche Entrauchungssysteme (NRA) nutzen den thermischen Auftrieb: Im Brandfall öffnen sich Rauchabzugsöffnungen – etwa Lichtkuppeln, Dachfenster oder Lamellen – automatisch, um heißen Rauch ins Freie zu leiten. Eine kontrollierte Zuluft (z. B. durch automatisch öffnende Fenster im unteren Bereich) ist Voraussetzung.
- Maschinelle Entrauchungssysteme (MRA) arbeiten mit Ventilatoren, die Rauchgase aktiv absaugen. Sie kommen insbesondere dann zum Einsatz, wenn eine natürliche Entrauchung baulich nicht möglich oder nicht ausreichend ist – etwa in Tiefgaragen oder innenliegenden Treppenhäusern.
Beide Systeme müssen im Brandfall zuverlässig funktionieren – was nur durch regelmäßige Wartung und Kontrolle gewährleistet werden kann.
Gesetzliche Vorgaben und technische Normen
Betreiber von Entrauchungsanlagen unterliegen rechtlichen Verpflichtungen. Diese sind unter anderem geregelt in:
- den Landesbauordnungen (LBO) der Bundesländer,
- der DIN 18232 (Rauch- und Wärmefreihaltung),
- der VDI 3810 (Betrieb technischer Gebäudeausrüstung),
- der MLAR (Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie),
- sowie in verschiedenen Sonderbauverordnungen und Prüfverordnungen.
Diese Regelwerke fordern eine regelmäßige Wartung durch Fachpersonal, eine lückenlose Dokumentation, sowie wiederkehrende Prüfungen durch Sachverständige, meist alle drei bis sechs Jahre – je nach Gebäudetyp und Nutzung.
Anforderungen an die Wartung
Wartungsintervalle
- Mindestens einmal jährlich ist eine fachgerechte Wartung durch ein qualifiziertes Unternehmen vorgeschrieben.
- Empfohlen werden zudem monatliche Sichtkontrollen durch den Betreiber.
- Einige Anlagen erfordern zusätzlich vierteljährliche Funktionsprüfungen, abhängig von Herstellerangaben oder behördlichen Auflagen.
Wartungsumfang
- Überprüfung aller Antriebe, Sensoren, Steuerzentralen und Zuluftöffnungen.
- Reinigung und Schmierung mechanischer Komponenten.
- Kontrolle der Notstromversorgung (z. B. Akkus, Batterien).
- Austausch von Verschleißteilen nach Herstellerangaben.
- Durchführung eines vollständigen Funktionstests der Anlage.
Betreiberpflichten und Dokumentation
Betreiber sind verpflichtet:
- Ein Betriebs- bzw. Prüfbuch zu führen, in dem jede Wartung, Prüfung und Instandhaltung dokumentiert wird.
- Nur qualifizierte Fachfirmen mit der Wartung zu beauftragen.
- Bei Mängeln unverzüglich für Abhilfe zu sorgen – insbesondere bei Störmeldungen oder Ausfall der Notstromversorgung.
- Originalteile oder freigegebene Ersatzteile zu verwenden, um die Betriebssicherheit und Zulassung der Anlage zu erhalten.
Ein Wartungsvertrag mit einem zertifizierten Dienstleister kann helfen, alle Fristen im Blick zu behalten und rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden.
Typische Mängel und ihre Vermeidung
In der Praxis treten häufig folgende Probleme auf:
- Störungsmeldungen an der Zentrale werden ignoriert oder nicht analysiert.
- Fenster, Klappen oder Lichtkuppeln lassen sich nicht mehr öffnen – z. B. durch Korrosion, Verschmutzung, blockierte Mechanik oder Antriebe.
- Defekte Akkus oder Notstromsysteme, die im Ernstfall versagen könnten.
- Verschmutzte oder gealterte Rauchmelder, die falsch oder gar nicht auslösen.
- Unvollständige oder fehlende Dokumentation, was rechtlich problematisch sein kann.
Entrauchungssysteme sind lebenswichtige Bestandteile des Brandschutzes. Eine funktionierende Entrauchungsanlage kann im Ernstfall den Unterschied zwischen einer erfolgreichen Selbstrettung und einer lebensbedrohlichen Situation ausmachen.
Für Betreiber und Eigentümer bedeutet das:
Wartung ist keine Kür, sondern Pflicht. Nur mit qualifiziertem Personal, lückenloser Dokumentation und regelmäßigen Prüfungen kann die Betriebssicherheit garantiert werden – und damit auch der Schutz von Menschenleben, Sachwerten und die rechtliche Absicherung gegenüber Behörden und Versicherungen.
Eine vorausschauende Instandhaltung lohnt sich – technisch, rechtlich und wirtschaftlich.
Quellenangaben:
- DIN 18232 – Rauch- und Wärmefreihaltung (insb. Teil 2 & 5): Anforderungen an Planung, Betrieb und Wartung von Rauchabzugsanlagen.
- DIN 31051 – Grundlagen der Instandhaltung: Begriffsdefinitionen und Anforderungen an Wartungsplanung.
- VDI 3810 Blatt 2 – Betrieb und Instandhaltung technischer Gebäudeausrüstung – Sicherheitsrelevante Anlagen.
- Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) – Anforderungen an den Funktionserhalt elektrischer Leitungen im Brandfall.
- Landesbauordnungen (LBO) der Bundesländer – Betreiberpflichten für sicherheitsrelevante Einrichtungen.
- Muster-Prüfverordnung (M-PrüfVO) – Vorgaben zu wiederkehrenden Prüfungen durch Sachverständige.
- VdS 2098 / 3830 – Richtlinien für natürliche und maschinelle Rauchabzugsanlagen im vorbeugenden Brandschutz.
- TÜV Baurechtsreport – Statistische Auswertungen zu Mängeln bei sicherheitstechnischen Anlagen (z. B. RWA).
- Technische Regeln für Arbeitsstätten – ASR A2.2 – Maßnahmen gegen Brände, Anforderungen an Entrauchung.
- Fachliteratur von Fachverbänden wie dem FVLR (Fachverband Tageslicht und Rauchschutz e.V.), z. B. Hinweise zur Wartung von NRA/MRA.
- Herstellerangaben und Wartungsanleitungen (z. B. D+H Mechatronic, Aumüller, Kingspan, Colt) – Praxishinweise zu Wartungszyklen, Ersatzteilen und Nachweisdokumentation.
- GEG 2023/2024 (Gebäudeenergiegesetz) – Anforderungen an Energieeffizienz und Luftdichtheit in Zusammenhang mit Entrauchungssystemen.